18. April 2025 | 11:20 Uhr
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Bahnchef sieht Sanierungsbedarf von 150 Milliarden Euro

Die Bahn ist so unpünktlich wie nie. Konzernchef Richard Lutz (Foto) macht dafür die marode Infrastruktur verantwortlich. Im Interview nennt er einen Sanierungsbedarf von bis zu 150 Milliarden Euro und fordert langfristige Finanzierungszusagen. Einen Rücktritt lehnt er ab. Die künftige Regierung will die Bahn-Führung austauschen.

Lutz Richard

Seit acht Jahren führt Richard Lutz die DB

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Bahnchef Richard Lutz spricht in einem am Karfreitag veröffentlichten Interview mit T-Online offen von der "größten Krise seit 30 Jahren". Verursacher sei er jedoch nicht, betont er: "Im Kern ist die Krise der Eisenbahn in Deutschland eine Infrastrukturkrise."

Das Netz sei zu alt, zu störanfällig und überlastet, so Lutz. Der Güterverkehr nehme zu, auch der Personenverkehr wachse. Das System arbeite vielerorts über der Belastungsgrenze. Zwar sei der weitere Verfall der Infrastruktur inzwischen gestoppt, der Sanierungsstau bleibe jedoch enorm.

Milliardenbedarf für Sanierung

Allein für das bestehende Netz beziffert Lutz den Finanzbedarf auf rund 80 Milliarden Euro. Insgesamt werde die Bahn bis zu 150 Milliarden Euro benötigen, um Strecken, Bahnhöfe, Brücken und Stellwerke zukunftsfähig zu machen. Geld, das aus dem geplanten Infrastrukturfonds der neuen Regierung kommen könnte. Dieser soll ein Volumen von bis zu 500 Milliarden Euro haben.

Lutz verweist auf erfolgreiche Pilotprojekte wie die Sanierung der Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim, bei der neue Bauweisen und beschleunigte Genehmigungen zum Einsatz kamen. Solche Maßnahmen sollen Vorbild für die anstehende Generalsanierung hochbelasteter Korridore sein.

Baukapazitäten im Blick

Ein häufig genannter Engpass: die Baukapazitäten. Laut dem ranghöchsten Bahn-Manager hat sich dies mit dem Sondervermögen für die Infrastruktur geändert. Planungssicherheit ermögliche es Bauunternehmen, Personal und Maschinenkapazitäten auszubauen. Das sei ein wichtiger Schritt, um die ehrgeizigen Sanierungsziele zu erreichen.

Auch strukturelle Änderungen seien in Planung, erklärt der Bahnchef. So soll der schnelle Fernverkehr langfristig von separaten Trassen profitieren, um den Mischbetrieb mit Regional- und Güterzügen zu entlasten. Doch Projekte wie die Neubaustrecke zwischen Frankfurt und Mannheim würden frühestens im nächsten Jahrzehnt fertig. Kurzfristig stehe daher die Sanierung des bestehenden Netzes im Vordergrund.

Ziel: 70 Prozent Pünktlichkeit

Trotz zahlreicher Baustellen und Störungen hält Lutz am Ziel fest, die Pünktlichkeitsquote bis Ende 2025 auf 65 bis 70 Prozent zu steigern. Der aktuelle Wert liegt deutlich darunter. "Jeder Tag ist ein neuer Kampf", räumt er ein. Nicht nur der Zustand der Technik, auch externe Vorfälle wie beschädigte Oberleitungen machten dem Konzern zu schaffen.

Angesprochen auf seine Rolle zeigt Lutz durchaus Selbstkritik. Die Bedeutung des Sanierungsstaus sei zu lange unterschätzt worden. "Mit dem Wissen von heute hätten wir früher radikaler gegensteuern müssen", sagt er. Dennoch denkt er nicht an Rücktritt: "Meine Aufgabe ist es, die Infrastruktur zu modernisieren, nicht, in Angststarre zu verfallen."

Angriffe auf Beschäftigte

Ein weiteres Problem sieht Lutz in der wachsenden Aggressivität gegenüber den Bahn-Beschäftigten. 2023 seien rund 3.300 körperliche Übergriffe registriert worden – ein Anstieg von sechs Prozent. Die Bahn begegne dem mit Bodycams, Deeskalationstrainings und Notrufsystemen im Nahverkehr.

Nach acht Jahren an der Spitze der Bahn sieht sich Lutz als Umsetzer der Konzernstrategie "starke Schiene". Trotz aller Krisen sei die Grundidee, Verantwortung für Klima, Menschen und Wirtschaft zu übernehmen, richtig gewesen. Größtes Bedauern: dass notwendige Investitionen in die Infrastruktur zu spät durchgesetzt wurden. Die eingeleitete Trendwende wolle er nun konsequent fortführen.

Koalition plant Austausch

Ob es dazu kommt, ist fraglich. Die Unionsparteien sind unzufrieden mit dem Bahnvorstand und planen eine personelle Neuaufstellung. So steht es im Koalitionsvertrag. "Das ist kein Projekt, das wir erst zum Ende der Legislaturperiode angreifen wollen", erklärte Unions-Fraktionsvize Ulrich Lange der Deutschen Presseagentur. 

Wörtlich heißt es im Koalitionsvertrag: "Sowohl beim DB-Konzern als auch bei der Infra Go soll eine Neuaufstellung von Aufsichtsrat und Vorstand erfolgen, mit dem Ziel, mehr Fachkompetenz abzubilden und eine Verschlankung zu erreichen." Das derzeit aus acht Mitgliedern bestehende Gremium soll demnach um ein Drittel schrumpfen.

 Christian Schmicke

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