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18. April 2025 | 01:06 Uhr
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Was die aktuellen EU-Pläne für die Reisebranche bedeuten

Mit zwei Entwürfen des EU-Parlaments zur Revision der Pauschalreiserichtlinie hat die Debatte um die Zukunft des Reiserechts an Dynamik gewonnen. Besonders der Verbraucherschutzausschuss verfolgt ehrgeizige Pläne, die nach Einschätzung des Rechtsexperten Ansgar Staudinger erhebliche Folgen für Reisebüros und Veranstalter hätten, wie er im Reise vor9 Podcast erläutert.

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Die Revision der EU-Pauschalreiserichtlinie könnte gravierende Folgen haben

Ein zentraler Kritikpunkt ist die geplante Ausweitung der Kategorie "verbundene Reiseleistungen". Diese Regelung, die bisher vor allem kleinere Reisebüros belastete, sollte ursprünglich abgeschafft werden. Doch der Ausschuss schlägt nun vor, sie nicht nur beizubehalten, sondern auszuweiten – etwa durch eine Verlängerung der Frist für die Kombination von Leistungen auf bis zu 72 Stunden. Laut Staudinger würde dies dazu führen, dass Reisebüros noch häufiger rechtlich wie Veranstalter behandelt würden – mit entsprechenden Haftungs- und Absicherungspflichten.

Rücktrittsrecht bei Problemen am Wohnort

Auch das Rücktrittsrecht soll neu gefasst werden. Der Ausschuss will ermöglichen, dass Kunden künftig nicht nur bei außergewöhnlichen Umständen im Zielgebiet kostenlos stornieren können, sondern auch bei Beeinträchtigungen am eigenen Wohnort – etwa durch Streiks oder Hochwasser. Staudinger warnt vor einer "bizarren Ausweitung" des Rücktrittsrechts und sieht darin eine erhebliche finanzielle Belastung für Veranstalter.

Deckelung der Anzahlung weiter umstritten

Die ebenfalls diskutierte Deckelung der Anzahlung auf 25 Prozent hält der Reiserechtler für unnötig und potenziell schädlich. Er verweist auf bestehende AGB-Vorgaben und die Vielfalt von Reisearten. Eine starre Quote werde dieser Vielfalt nicht gerecht. Zum Vergleich: Bei Flugbuchungen sind Vorauszahlungen von 100 Prozent üblich – ohne jede Absicherung für den Kunden.

Weitere Vorschläge des Parlaments betreffen verbindliche Beschwerde- und Schlichtungssysteme sowie die Einführung von Sanktionen bei Regelverstößen. Auch hier warnt Staudinger vor Überregulierung. Veranstalter betrieben bereits heute Beschwerdemanagement – eine verbindliche Vorgabe sei nicht erforderlich. Drakonische Strafen bei Verstößen hält er für unverhältnismäßig, da bestehende Kontrollmechanismen ausreichten.

Zeitplan: Umsetzung ab 2028 möglich

Ein Inkrafttreten der neuen Richtlinie wäre frühestens Ende 2027 oder Anfang 2028 denkbar. Voraussetzung ist eine Einigung im sogenannten Trilog zwischen Parlament, Rat und Kommission. Bis dahin sieht Staudinger noch Spielraum für Einflussnahme – vor allem durch nationale Regierungen und Branchenverbände. Ist die Richtlinie einmal beschlossen, bleibt den Mitgliedstaaten nur noch wenig Spielraum bei der Umsetzung.

"Die Messe wird in Brüssel gelesen", so Staudinger. Wer Einfluss nehmen wolle, müsse das jetzt tun. Sobald der Richtlinientext im EU-Amtsblatt veröffentlicht ist, sei der Handlungsspielraum der nationalen Gesetzgeber weitgehend ausgeschöpft. Die Branche steht also vor entscheidenden Monaten – mit der Frage, ob Verbraucherschutz und wirtschaftliche Tragfähigkeit in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden können.

Christian Schmicke

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